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Programmieren für Kindergartenkinder und Grundschulkinder der Klassen 1 und 2 - wozu soll das gut sein? Hier führen wir Tagebuch zu einem Einsatz von ScratchJr in einer zweiten Grundschulklasse. Wenn wir damit interessierte Schulen und Lehrer für dieses Thema begeistern können, sind unsere Erfahrungen vielleicht bei einer Wiederholung des Projekts in einem neuen Kontext nützlich. Die Tagebuch-Einträge enthalten Download-Links für alle verwendeten Materialien. Vorlagen und Arbeitsblätter sind auch unter der Rubrik Downloads verfügbar.

Aquarium

Im ersten Tagebucheintrag erläutere ich die Hintergründe des Projekts C4C, in dem wir ScratchJr in einer 2. Grundschulklasse einsetzen, um mit den Kindern an verschiedenen Lernzielen zu arbeiten.

In diesem Beitrag beschreibe ich den Ablauf der vierzehnten Stunde.

Vorbereitung

Wir realisieren zur eigenen Vorbereitung das folgende Spiel. In einem Aquarium steigen mehrere Seepferdchen nach oben. Ein Taucher kann mit zwei Bedienelementen nach rechts und links bewegt werden. Der Taucher soll die Seepferdchen “retten”, indem er sie berührt. Um es schwerer zu machen, verschwinden die Seepferdchen auch von alleine immer mal wieder. Neben der Aufwärtsbewegung vollführen die Seepferdchen außerdem Schlenkerbewegungen nach links und rechts. Das ganze soll so aussehen, als würden sich die Seepferdchen mehr oder weniger zufällig bewegen.

(Videodownload: hier)
(Szenenfoto)

Das Programm enthielt, wie wir später im Verlauf der Stunde feststellen mussten, einen kleinen Fehler. Dennoch sei hier zunächst der Originalzustand angegeben. Weiter unten folgt dann die Korrektur:

grünes Seepferdchen
orangefarbenes Seepferdchen
blaues Seepferdchen
rechtes Bedienelement
linkes Bedienelement
Taucher

Auf dem Lehrernotebook richten wir von diesem Szenario lediglich den Hintergrund und die Figuren in der richtigen Größe und Farbe ein. Die Programme fehlen hier noch.

Außerdem erstellen wir ein zweiseitig bedrucktes Arbeitsblatt (hier zum Download), welches natürlich noch den gleichen Fehler enthält. Auch diesen korrigieren wir später:

Das Arbeitsblatt drucken wir in Klassenstärke farbig aus. Eines davon pinnen wir an die Tafel.

Ein weiterer Vorbereitungsschritt hat nichts mit dem heutigen Thema zu tun, sondern eher mit der Technik. Wir wollen das einzige uns zur Verfügung stehende beamerfähige Tablet an den Beamer im Klassenraum anschließen, um damit am Ende der Stunde ein Ergebnis eines Kindes zeigen zu können. Dazu haben wir ein passendes Kabel und einen MHL-Adapter besorgt. Dies testen wir und wir verlegen das Kabel so, dass ein Kind, das im Kniesitz vor der Projektionsfläche hockt, das Tablet auf dem Schoß bedienen kann während alle anderen Kinder das Geschehen in der Projektion verfolgen können.

Einführung

Nach dem üblichen Tageseinstieg kündigt der Lehrer an, dass wir heute mit einem Arbeitsblatt arbeiten werden. Die Kinder sollen den Schnellhefter auf dem Tisch bereit legen und dann erst einmal nach vorne kommen. Dort versammeln sich die Kinder kniend um die Projektionsfläche. Der Lehrer zeigt die Vorderseite des Arbeitsblattes so in der Projektion, dass die Punkte 1. und 2. zu sehen sind:

Die Kinder werden wie schon in früheren Stunden ermuntert, zu beschreiben, was sie sehen. Die Kinder entdecken die Pfeile und sollen vermuten, was diese bedeuten. Nicht alle Kinder entdecken auf Anhieb das blaue Seepferdchen, weil heute die draußen scheinende Sonne mit dem Beamerlicht konkurriert. Schließlich dürfen einige Kinder nacheinander die Überschrift und die beiden Aufgaben vorlesen.

Nun macht sich der Lehrer daran, das erste Seepferdchen beispielhaft zu programmieren. Er bittet nacheinander Kinder, das Programm mit ihm gemeinsam am Smartboard zu realisieren. Zuerst soll das Seepferdchen schnurstracks nach oben wandern und dabei immer mal wieder verschwinden:

Das hätten wohl zu dieser frühen Stunde (es ist etwa 8:35 Uhr) nicht alle alleine hinbekommen. Aber gemeinsam klappt es. Nun soll das Seepferdchen noch ein bisschen hin und her schlenkern. Einige Kinder wollen das bestehende Programm nun um die entsprechenden Bausteine left und right ergänzen. Stattdessen bittet der Lehrer, mal aufzupassen, was er jetzt macht. Er schreibt ein zweites Programm, das auch mit der grünen Fahne anfängt, das heißt das zweite Programm startet gleichzeitig mit dem ersten:

Er erläutert, dass das Seepferdchen nun gleichzeitig nach oben und nach rechts läuft. Weiß jemand, wo es dann hinläuft? “Schräg!” meldet sich ein Kind. Genau, schräg nach rechts oben. Und wenn das Seepferdchen gleichzeitig nach oben und nach links läuft, läuft es tatsächlich schräg nach links oben. Der Lehrer demonstriert den Effekt, indem er das Programm startet. Der Lehrer erklärt, dass das so ja viel besser aussieht, als wenn das Seepferdchen eckig durch die Gegend laufen würde.

Aufgabe

Der Lehrer zeigt auf das an der Tafel hängende Arbeitsblatt. Er erläutert, dass zuerst der erste Teil bis Aufgabe 2 erledigt werden muss. Wenn dann noch Zeit ist, dürfen die Kinder weiter machen. Wenn die Kinder nicht weiter wissen, dürfen sie auf die Rückseite des Arbeitsblattes gucken und sich dort Tipps holen. Da steht eine Lösung, wie das Programm aussehen kann.

Die Arbeitsblätter werden verteilt und von den Kindern in ihren Schnellheftern eingeheftet. Bevor wir die Tablets austeilen, fragen wir in die Runde, welches Kind sich heute zutraut, am Ende sein fertiges Programm der ganzen Klasse zu zeigen. Viele Kinder zeigen auf. Der Lehrer ergänzt: wer von Euch glaubt, dass er gut im Programmieren ist und dass er die heutige Aufgabe verstanden hat? Einige Finger gehen runter. Unter den verbliebenen etwa 10 Kindern sucht der Lehrer ein Kind aus. Dieses Kind erhält das einzige uns zur Verfügung stehende Tablet, das wir an den Beamer anschließen können. Alle anderen Kindern erhalten nun “ihr” Tablet und die Arbeit kann beginnen.

Bis hierher haben wir etwa 20 Minuten benötigt.

Arbeitsphase

Die Arbeitsphase dauert etwa 45 Minuten. Erwartungsgemäß halten sich einige Kinder zunächst recht lange damit auf, die Seepferdchen in verschiedenen Farben auszumalen. Einige Kinder sind hier sehr perfektionistisch unterwegs und erst zufrieden, nachdem sie fast alle Farben durchprobiert haben. Ebenfalls erwartungsgemäß sehen nicht alle Programme gleich so aus, dass zwei grüne Fahnen benutzt werden. Etliche Kinder versuchen es auf die althergebrachte Weise mit “Treppenbewegungen”. Wir beraten individuell.

Besondere Schwierigkeiten bereitet heute einigen Kindern, nachdem sie das erste Seepferdchen programmiert haben, sich für das zweite Seepferdchen eine etwas abweichende Bewegung auszudenken. Mangelnde Kreativität? Lustlosigkeit? Wir wissen nicht immer, was es ist. Wir beobachten folgende Zwischenergebnisse:

  • Alle Seepferdchen besitzen das gleiche Programm. Wie Soldaten bewegen sie sich im Gleichschritt. So durch den Lehrer verbalisiert machen sich die betreffenden Kinder gleich daran, etwas Abwechslung hinein zu bringen.
  • Einige Kinder programmieren das zweite und dritte Seepferdchen so, dass diese wild über die gesamte Bildfläche rasen, sich drehen, springen, etc. Hier und da erläutern wir, was wir später mit diesem Aquarium vorhaben. Nämlich, dass der Taucher die Seepferdchen retten soll und dass wir das über den Kollisionsbaustein onbump realisieren wollen. Wenn sich die Seepferdchen nun aber schon gegenseitig berühren, wird das nicht funnktionieren.
  • Weitere Kinder ergänzen nicht vorgesehene Seesterne und weitere Figuren. Wir weisen auf das Arbeitsblatt hin und dass sich die Kinder an die Aufgabe halten sollen.
  • Alle drei Seepferdchen sollen die gleiche Programmstruktur besitzen und sich lediglich durch die Zahlen in den Bausteinen unterscheiden. Einige Kinder können sich offenbar schwer vorstellen, dass alleine das ausreicht, um ein individuelles Verhalten zu produzieren. Einige Kinder haben keine Lust, mit verschiedenen Zahlen zu experimentieren, sondern finden es spannender, strukturell verschiedene Programme für die drei Seepferdchen zu erstellen.

Wir unterbrechen zwischendurch die Arbeitsphase und erläutern vorne, dass die Seepferdchen einander nicht berühren sollen. Und wir verraten, wie man das hinbekommt, nämlich indem man im zweiten Programm genauso oft nach links wie nach rechts geht. Im folgenden Programm berechnet der Lehrer frontal die Gesamtzahl der Rechts-Schritte: drei plus drei ist? “Sechs”. Also: wie viele Schritte müssen wir nach links gehen? “Sechs”. Und das sieht dann so aus:

Während der fortgesetzten Arbeitsphase bereitet dies dennoch einigen Kindern Schwierigkeiten. Wir helfen individuell. Hier und da bringen wir den Warten-Baustein wait ins Spiel, um die Programme verzögert zu starten und so ein etwas natürlicheres Aussehen zu produzieren. Andere Kinder sind schon weit fortgeschritten und programmieren bereits den Taucher und die beiden Bedienelemente, so wie es auf dem Arbeitsblatt gefordert wird.

Als das erste Kind bei der vierten Aufgabe angelangt ist, meldet es sich und behauptet, dass die Seepferdchen gar nicht verschwinden, wenn der Taucher sie gerettet hat. Uns wird schnell klar, dass wir einen Fehler in unserem Programm haben. In dem folgenden Programm verschwindet das Seepferdchen zwar bei Kollision. Jedoch laufen die anderen Programme weiter. Und das obere davon sorgt für ein ständiges Erscheinen und Verschwinden des Seepferdchens.

Bei den betreffenden Kindern (es sind unter fünf, die heute so weit kommen) ergänzen wir selbst den Stopp-Baustein und versprechen, diesen in der nächsten Stunde einzuführen:

Nun funktioniert es. Das korrigierte Arbeitsblatt stellen wir der Vollständigkeit halber hier und im Download-Bereich zur Verfügung.

Wäre uns dieses Problem vorher bewusst gewesen, hätte man dieses Projekt sehr gut zur Motivation des Stopp-Bausteins nutzen können. Vielleicht ergibt sich nächste Woche genau diese Gelegenheit, wenn wir das Aquarium-Projekt noch einmal aufgreifen.

Sammeln

Alle Kinder bis auf das auserwählte, das gleich präsentieren darf, werden gebeten, ihr Projekt zu speichern und das Tablet abzugeben. Wir versammlen uns vor der Projektionsfläche.

Zunächst fragt der Lehrer, wie die Kinder es fanden. Leicht, mittel oder schwer (anzuzeigen durch einen erhobenen, waagerechten oder gesenkten Daumen)? Die Kinder, die es leicht fanden, sollen erklären, warum es heute leicht war. Ich höre so etwas wie “weil es leicht war” oder “weil das Seepferdchen-Programm leicht war” sweat_smile. Hm. Dann endlich: “weil wir heute ein Blatt hatten und darauf lesen konnten, wie es geht” oder “weil wir manchmal vorne an der Tafel nachgucken konnten, wenn wir nicht weiter wussten”.

Drei Kinder dürfen das Spiel, welches tatsächlich fertig geworden ist (die Aussicht auf die Präsentation hat hier sicher motiviert) nun nacheinander spielen, während die anderen zuschauen. Das macht Spaß aber wir und auch die Kinder merken, dass da etwas nicht stimmt. Die Seepferdchen verschwinden nämlich manchmal auch einfach so auf Nimmerwiedersehen, ohne dass der Taucher sie gerettet hat. Der Grund ist, dass die Seepferdchen mit den Bedienelementen, d. h. dem roten und blauen Punkt kollidieren cry . Wir erläutern dies kurz und verweisen auf die nächste Woche, in der wir uns um diese Probleme kümmern wollen.

Die Kinder sind ziemlich geschafft. Es war anstrengend und lange heute (insg. 75 Minuten). Die große Pause haben sie sich nun verdient.

Ausblick

Beim nächsten Mal wollen wir zunächst ein Bewusstsein für die verschiedenen Probleme fördern, die bei Verwendung des Kollisions-Bausteins auftreten, weil auch nicht erwünschte Kollisionen zum Start des entsprechenden Programms führen. Dann wollen wir eine oder mehrere Lösungsmöglichkeiten vorstellen und umsetzen.

Zaubern - continued ←    → Aquarium (Fortsetzung)