Aufbauarbeit
Im ersten Tagebucheintrag erläutere ich die Hintergründe des Projekts C4C, in dem wir ScratchJr in einer 2. Grundschulklasse einsetzen, um mit den Kindern an verschiedenen Lernzielen zu arbeiten.
Rückblick
Die gestrige fünfte Stunde war ein erster Meilenstein: ein erstes komplexeres Projekt mit ScratchJr. Nicht alles hat geklappt. In diesem Beitrag will ich ein paar Aspekte reflektieren und beschreiben, was aktuell geschieht.
Gründe für die Probleme in der fünften Stunde
Während der Freiarbeit der letzten Stunde wurden viele Fehler gemacht. Aus heutiger Sicht mache ich dafür u. a. folgende Gründe verantwortlich:
- Wir waren in unseren Zielen für die letzte Stunde ambitioniert. Wir wollten beim Adventsnachmittag mit den Eltern Vorzeigbares haben. Ohne diesen selbstauferlegten Druck hätten wir kleinere Schritte gehen können. Z. B. eine Stunde nur für den Hintergrundeditor, eine Stunde nur für das Zeichnen und die Verwendung selbstgezeichneter Figuren.
- Der Zeitdruck des vorherigen Spiegelpunkts hat uns veranlasst, direkt mit einer konkreten Aufgabe in die Stunde zu starten, statt den Kindern zunächst Freiraum für die Erkundung des Editors zu gewähren. Die Kinder haben sich den Freiraum jedoch genommen und dabei ist die eigentliche Aufgabe und der vorgezeichnete Weg zum Ziel vielfach in Vergessenheit geraten.
- Der Lehrer und ich waren von unserer eigenen Projektidee begeistert. Wir gingen von einem “Selbstläufer” aus. Während der anfänglichen gemeinsamen Arbeit hörte ich jedoch keine Begeisterungsrufe aus dem Plenum. In den Stunden zuvor war mehr davon zu hören. Vielleicht hätten wir die Kinder noch mehr “anstacheln” müssen, um mehr Motivation zu stiften.
- Zum ersten Mal waren alle Kinder anwesend, d. h. es gab keine Krankheitsfälle. Dadurch waren zehn Kinder gezwungen, sich ein Tablet zu teilen. In den Stunden zuvor waren es lediglich sechs oder höchstens acht Kinder. Gestern war nach meiner Einschätzung in mehreren Zweierteams eine erhöhte Konkurrenz um das Tablet spürbar. In einem Zweierteam führte es gar dazu, dass ein Kind entnervt ein Matheheft rausholte und lieber Matheaufgaben rechnete anstatt sich mit dem Teampartner um das Tablet zu streiten. Ein deutliches Fazit: Jedem Kind ein Tablet zur Verfügung zu stellen ist kein Luxus, sondern wäre notwendig. Leider haben wir in diesem Projekt keine Mittel, um zusätzliche Tablets zu beschaffen.
Was hat gut geklappt?
Alle Kinder haben die Grundaufgabe gelöst, wenn auch teilweise mit viel individueller Unterstützung und nicht immer in zufriedenstellender Qualität.
Einige Kinder haben zeitweise “Durststrecken” erlebt, wo sie nicht weiter wussten. Das Risiko des Scheiterns wurde so erfahrbar. Die Tatsache, dass es nur ein zeitweiliges Scheitern war, ist ein Grundstein dafür, dass die Kinder die gemachte Erfahrung positiv bewerten können und so für sich einen gesunden Umgang mit dem Risiko des Scheiterns finden können. Durch die im folgenden beschriebene Aufbauarbeit haben wir diesen Lernaspekt betont und unterstützt.
Aufbauarbeit
Bereits heute, einen Tag nach der gestrigen Stunde bot sich dem Lehrer durch Vertretungszeit die Möglichkeit einer Bestandsaufnahme zusammen mit den Kindern. Ich selbst war nicht anwesend und berichte vom Hörensagen. Die Kinder formulierten Erreichtes und erlebte Schwierigkeiten in der gestrigen Lerneinheit. Vor allem die Unterscheidung der beiden Editoren für den Hintergrund auf der einen Seite und für die Figuren auf der anderen Seite war für viele völlig undurchsichtig gewesen. Das Feedback der Kinder aus den Zweierteams unterstrich außerdem, dass es besser wäre, für jedes Kind ein eigenes Tablet zu haben.
Der Lehrer programmierte heute mit allen Kindern zusammen vorne an der Projektionswand im Halbrund eine reduzierte Aufgabe. Es wird - um nicht erneut Verwirrung mit zwei Editoren zu stiften - kein Hintergrund benutzt. Lediglich mehrere ein Wort ergebende Buchstaben werden gemeinschaftlich am Smartboard gezeichnet. Die gezeichneten Buchstaben werden auf verschiedene Weise grafisch verschönert. Danach wird Buchstabe für Buchstabe so programmiert, dass sie nachher in der richtigen Reihenfolge nebeneinander stehen. Ohne dass die Kinder durch ein eigenes Tablet abgelenkt sind, kann der Lehrer die Kinder hier gut auf ein homogeneres Wissensniveau bringen und dadurch gute Voraussetzungen für eine produktive Weiterarbeit schaffen.
Nächste Schritte
Die Krankheits- und Vertretungssituation im Lehrerkollegium ermöglicht voraussichtlich schon in den nächsten Tagen weitere individuelle Arbeit am Tablet, dann allerdings, da außerplanmäßig, ohne meine Anwesenheit. Wir sind gespannt auf den Verlauf, wenn dann nur eine Betreuungsperson anwesend sein wird. Der nächste Tagebucheintrag wird davon berichten.